Ökologische Effekte des Mountainbike-Tourismus
Mountainbike-Tourismus naturverträglich und nachhaltig gestalten
Ökologisch hat das Mountainbike-Fahren sowohl Auswirkungen durch die Anlage der notwendigen Infrastruktur als auch durch deren Nutzung. Ein überwiegender Teil des Mountainbikens findet – gerade in den Mittelgebirgen – vornehmlich auf bestehenden Wegen statt. Abhängig vom Gelände wird auch die Anlage von Trails notwendig. Insbesondere für das abfahrtslastigste Mountainbike-Segment, FRoDHo, werden spezielle Anlagen (Bikeparks etc.) geschaffen. Dies ist mit mehr oder minder starken Eingriffen in die Natur verbunden.
Durch unterschiedliche Maßnahmen während der Anlage und des Betriebs lässt sich dabei die Naturverträglichkeit steigern. Ein zentrales Element ist die lebenszyklusorientierte Konzeption der Infrastruktur. Sie berücksichtigt die besonderen Qualitäten des jeweiligen Standorts, die geplante Nutzung einschließlich wahrscheinlicher Erweiterungen, Umbauten und Umnutzungen, die Anlage, den Unterhalt und die Pflege sowie den etwaigen Rückbau.[1] Durch die sorgfältige Abwägung und Austarierung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Effekte führt die lebenszyklus-orientierte Planung zur bestmöglichen Einbettung in die Umgebung und im besten Fall zu einem Mehrnutzen bezüglich aller Nachhaltigkeitsdimensionen.
Ein nachhaltiger Wegebau bezieht die natürlichen Gegebenheiten ein, zum Beispiel indem Wege um natürliche Hindernisse herum gebaut werden, statt die Hindernisse zu entfernen. Beim Bau kann im Sinne einer minimalinvasiven Wegeanlage möglichst auf große Baumaschinen verzichtet werden. Idealerweise wird für die Anlage künstlicher Strecken kein ortsfremdes Material eingebracht. Weiterhin spielt beispielsweise eine detaillierte Vorplanung von Böschungen und Wasserabläufen eine wichtige Rolle, um eine Schädigung der Landschaft zu vermeiden und Instandhaltungsaufwände möglichst gering zu halten.
Unabhängig von der späteren Nutzung durch Wanderer oder Radfahrer verursacht der nicht fachgemäße, das heißt nicht nachhaltige Wege- und Trailbau gravierende Folgen. Dazu zählen:[2]
- Erosion durch veränderten Wasserfluss entlang geneigter Wegabschnitte, in denen Wasser aufgefangen und entlang eines Pfades transportiert wird, anstatt über seinen Außenhang zu fließen.
- Wegeverbreiterung: Schlammige Abschnitte finden sich häufig entlang flacher Wegabschnitte, an denen als Folge unzulänglichen Wassermanagements Wasser zum Teil tagelang staut. Die Nutzer versuchen, die Feucht- beziehungsweise Schlammpassage zu umgehen bzw. zu umfahren. Dies schädigt Vegetation und Boden an den Wegrändern, und schließlich nimmt die Größe des schlammigen Abschnitts zu.
- Parallele Linienführungen: Hierzu gehören Abkürzungen zwischen Pfaden, zu gewünschten Zielen oder zur Umfahrung von Hindernissen wie Felsen, Baumwurzeln oder Schluchten.
- Veränderungen der Vegetationszusammensetzung: Das Eintragen von Samen an Reifen oder Schuhen kann zu einer Zunahme von invasiven, nicht einheimischen Arten führen.
- Bodenverdichtung: Die Verdichtung eines Weges kann zu stabileren Bodenbedingungen und längerer Haltbarkeit beitragen. Sowohl Wanderschuhe als auch Reifen konzentrieren das Gewicht jedoch auf eine relativ kleine Fläche. Verdichteter Boden ist durch Sauerstoffmangel, eine verringerte Zahl von Bodenorganismen und eine reduzierte Wasserauf-nahmefähigkeit gekennzeichnet.[3] Gerade Waldböden reagieren besonders sensibel auf Schädigungen. Diese wirken häufig jahrzehntelang. Besonders bei der Neuanlage von Infrastruktur sollte durch technische Möglichkeiten und optimierte Baustellenorganisation der Boden maximal geschont werden.
- Mehrkosten im Unterhalt der Strecken und bei der Korrektur der unsachgemäßen Anlage.
Aus rechtlicher Sicht können die beschriebenen Auswirkungen zu einer Sperrung des Weges – entweder für einzelne Nutzergruppen oder auch generell – führen. Entsprechend dient der nachhaltige Wegebau nicht nur dem Erhalt des Weges, sondern auch der Sicherung seiner Nutzbarkeit.[4]
Eine nachhaltig angelegte, auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnittene Mountainbike-Infrastruktur ist zudem ein wesentliches Element der Besucherlenkung. Sie dient aktiv der Vermeidung illegal gebauter Anlagen. Deshalb sollte bei der Planung die lokale Szene einbezogen werden, um die Attraktivität des Angebotes für diese wichtige Stakeholdergruppe zu gewährleisten. Hierdurch besteht gleichzeitig die Möglichkeit der langfristigen Einbindung von Ehrenamtlichen in die Wegepflege und -instandhaltung sowie eine positive Verankerung des jeweiligen Projekts in der Szene.
Bei der Nutzung von Wegen entstehen durch alle Nutzer Umweltauswirkungen. Das Mountainbiken sorgt für einen Rückgang der Flora und Fauna von 80 Prozent in der Kernzone eines Weges, beim Wandern sind es 81 Prozent der Flora und 71 Prozent der Fauna.[5] Nach einjähriger Nutzung ist ein wesentlich geringerer Einfluss der Nutzungsgruppen zu verzeichnen.
Im Bereich des Tierschutzes hat das Biken im Vergleich zum Wandern eine geringere Störwirkung (Grad und Dauer der Beunruhigung, Fluchtdistanz). Kritisch sind vor allem das Mountainbiken in der Dämmerung, der Nacht und den Wintermonaten. Diese Nutzungsmuster treten vorrangig bei der Freizeitausübung nahe des Wohnorts im Alltag auf, in der Regel nicht durch den Mountainbike-Tourismus.
Das Mountainbike Tourismusforum Deutschland hat 2018 den aktuellen Forschungsstand zu Umweltauswirkungen des Mountainbikens betrachtet und in einer Publikation zusammengefasst. Diese ist unter folgendem Link frei verfügbar: http://mtd.bike/MTB-Umweltauswirkungen.
[1] Vgl. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (2018).
[2] Vgl. City of Toronto (2013).
[3] Vgl. Umweltbundesamt (2019).
[4] Siehe hierzu insb. folgenden Kommentar zum BayNatSchG: „Jede Benutzung eines Weges hat einen Verschleiß zur Folge. Ähnlich wie öffentliche Straßen zur Verhütung außerordentlicher Schäden für bestimmte Verkehrsarten gesperrt werden können, ist ein Privatweg für Reiter/Biker dann ungeeignet, wenn die dadurch verursachte Abnutzung einen Grad erreicht, der entweder anderen das Betretungsrecht ausüben-den Personengruppen oder dem Grundstückseigentümer unzumutbar ist."
Quelle: Landkreis Augsburg (2020), S. 7.
[5] Vgl. Thurston/Reader (2001); Marion/Wimpey (2007).